DÉCIMA POESÍA VERTICAL - ZEHNTE VERTIKALE POESIE

inkl. MwSt., zzgl. Versand

Lieferzeit 1 - 5 Werktage

DÉCIMA POESÍA VERTICAL - ZEHNTE VERTIKALE POESIE

Gedichte, zweisprachig: Spanisch - Deutsch


ISBN 978-3-927648-65-4

Einband, broschiert
176 Seiten
14 × 21 cm
20,00 Eur[D] / 22,00 Eur[A/CH]

Juarroz-Werkausgabe Band 7. Einzeltitel aus dem Jahr 1987 in einem zweisprachigen Band. Herausgegeben und aus dem Spanischen von Juana und Tobias Burghardt. Umschlaggestaltung von Juana Burghardt

Edition Delta, Stuttgart 2019

Das Unendliche
an der Fensterscheibe abpausen,
wie man einen Zweig oder eine Feder
mit dem Seidenpapier unserer Flüchtigkeit abpaust.

X (16)

Dichtung – das ist das passende Wort für Juarroz-Texte, denn sie sind in einem Prozess philosophischer und sensueller Verschmelzung entstanden. Der Stoff seiner Dichtung ist universal. Er ist alles, was das Nachdenken über Erkenntnis und Wahrnehmung ausmacht. Roberto Juarroz war Bibliotheksdirektor in Buenos Aires wie Borges und gab auch die Zeitschrift Poesía = Poesía heraus. Seine Dichtung ist vertikal, weil die Dinge und Worte, die in Juarroz' Dichtung auftauchen, wie gleichsam auf einer Achse zueinander geordnet und dem Zwang einer strophischen (waagrechten) Fügung enthoben sind; philosophische Gleichnisse, die nicht zur Synthese fuhren, zu sentenzenhaften Schlussfolgerungen, sondern fast spielerisch die vertikale Ordnung, vom Himmel zur Erde und zurück, gestalten.

Die Stille ›fällt‹, sie breitet sich aus ›wie weiße Früchte‹, die in einem sehr konkreten Zusammenhang benannt werden: Früchte, Haut, anderes Licht, Boden, Weg, Nacht, diese Dinge sind nominal und werden aufgehoben im Medium der Stille. Das Nomen verliert sein tellurisches Gewicht. Die Stille ist der einzige Aggregatzustand, der all diese Dinge erfasst und aufnimmt: ›So verschwinden Anfang und Ende...// Unter der Stille / sind alle Extreme gleich.‹ (›Zehnte vertikale Poesie (72)‹)

Ein meditatives Gedicht, das in einer Verständlichkeit gut lesbar bleibt und die Zusammenhänge der Welt mit dem Bewusstsein ›vertikal‹ entwickelt, ohne dass es banal ist. Juarroz befreit in seinen Texten das strenge philosophische System zugunsten einer gleichsam spielerisch-meditativen Herangehensweise an seine Dichtung, in der alle extremen Irrtümer (der Philosophie und des Bewusstseins) aufgehoben werden. Seine Dichtung ist jenseits des herkömmlichen Nachdenkens und der verstandesmäßigen Zergliederung (Octavio Paz) angesiedelt und befreit in der Ars poetica das Denken von dogmatischen Mustern.

 

Matthias Ulrich, NOXIANA – Zeitschrift für Literatur und Zeichnung
Nr. 64, Sommer 2023